Vorsorgevollmacht
Frage:
Unsere Mutter ist seit längerem in einem Pflegeheim untergebracht. Meine Geschwister und ich haben erst jetzt erfahren, dass unsere Mutter bereits vor einigen Jahren einer Schwester von uns eine so genannte Vorsorgevollmacht in notarieller Form erteilt hat. Unsere Schwester hat kürzlich das unserer Mutter gehörende Grundstück veräußert, ohne uns zu fragen. Auch sonst „schaltet und waltet“ sie über die Ersparnisse unserer Mutter, ohne uns Auskunft zu erteilen oder etwas mit uns abzusprechen.
Was können wir tun?
Antwort:
Gemäß § 1896 Abs. 1 BGB bestellt das Vormundschaftsgericht auf Antrag oder von Amts wegen einen Betreuer, wenn ein Volljähriger auf Grund psychischer Krankheit bzw. körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung seine Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht mehr besorgen kann. Hat der Betreffende zur Zeit seiner uneingeschränkten Handlungs- und Geschäftsfähigkeit einer Person seines Vertrauens eine Vollmacht zur Wahrnehmung sämtlicher Angelegenheiten und zur außergerichtlichen und gerichtlichen Vertretung erteilt, ist eine Betreuerbestellung durch das Gericht nicht möglich.
Die Ihrer Schwester erteilte Vollmacht berechtigt sie daher zu uneingeschränktem Handeln. Der Ihrer Schwester erteilten Vollmacht liegt ein Auftragsverhältnis gem. §§ 662 ff. BGB zugrunde. Sofern der Auftrag durch Ihre Mutter nicht durch Widerruf beendet wird, was möglicherweise in Anbetracht ihres physischen oder psychischen Zustandes (mangelnde Geschäftsfähigkeit) ausgeschlossen ist, besteht das Auftragsverhältnis auch über den Tod des Vollmachtgebers hinaus (§ 672 BGB).
Als Vollmachtnehmerin muss sich Ihre Schwester nicht mit Ihnen und Ihren Geschwistern abstimmen. Auch ist sie nicht zur Auskunft über ihre Handlungen verpflichtet, sofern nicht Ihre Mutter eine entsprechende Verpflichtung in der Vorsorgevollmacht formuliert hat. Auch die Verfügung über ein Grundstück ist mit der Vollmacht der Mutter zulässig, anderenfalls dürfte der Notar weder einen Grundstücksvertrag beurkunden noch das Grundbuchamt eine Rechtsänderung im Grundbuch eintragen.
Nur in Fällen missbräuchlicher Vollmachtsausübung mit schwerwiegenden Nachteilen für den Vollmachtgeber (nicht für Sie und Ihre Geschwister) bestünde die Möglichkeit, gem. § 1896 Abs. 3 BGB einen Kontrollbetreuer durch das Vormundschaftsgericht zum Zwecke der Überwachung zu bestellen.
Wie bei jedem Auftrag ist Ihre Schwester gegenüber Ihrer Mutter - und nur ihr gegenüber - zur Auskunft und zur Rechenschaft verpflichtet (§ 666 BGB). Im Falle des Ablebens Ihrer Mutter geht der Auskunftsanspruch auf den/die Erben über. Werden Sie mit Ihren Geschwistern gesetzliche Erben, hat Ihre Schwester Ihnen gegenüber Rechenschaft über die von ihr ausgeführten Handlungen und Rechtsgeschäfte zu legen. Stellt sich dann eine missbräuchliche Verwendung der Vollmacht zum Zwecke eigenen Vorteils heraus, ergäben sich daraus bestimmte erbrechtliche Ansprüche gegenüber der Schwester.